Ziel: menschengerechte digitale Revolution

Die Utopien bzw. Dysto­pien der Zukunfts­forscherInnen reichen beim Thema Digitali­sierung bzw. Digitale Revolution von Hoffnung über Hype bis hin zu Visio­nen einer den Men­schen über­flügelnden künstlichen Intelligenz oder Mensch-Maschine-Synthese.

Raymond Kurzweil, viel zitierter US-ameri­ka­nischer Buchautor, Erfinder und ab 2012 unter anderem Leiter technischer Ent­wick­lung bei Google prophe­zeite schon 2005 in der 1. Auf­lage eines seiner Bücher („The Singularity is near: when humans transcend biology“), dass die soge­nannte Singularität kurz bevor­stünde. Er umschreibt diesen Begriff (Anm.: singularity – englisch für ein­zig­­artiges Ereig­nis mit einzigartigen Aus­wirkun­gen) so:

„In der Singularität werden unser biologisches Denken und Dasein mit unserer Technik ver­schmel­zen. […] Danach wird kein Unterschied mehr sein zwischen Mensch und Maschine, oder zwischen physikalischer und virtueller Realität. […] Noch keine der bisherigen Maschinen be­saß dieselben raffinierten Fähigkeiten, die der biologische Mensch an den Tag legt. Die Singu­larität hat vielerlei Konsequenzen, doch die wichtigste ist, dass unsere Technik die Feinheit und Eleganz der höchsten menschlichen Fähigkeiten erreichen und schließlich in den Schatten stellen wird.“ (Kurzweil, Ray (2014): Menschheit 2.0: die Singularität naht, 2., durchgesehene Aufl. Berlin: Lola Books.: S. 10)

Eine gesicherte Erkenntnis, ob / wie sich das alles entwickeln wird, gibt es nicht, vor allem da die Menschheit selbst für die Gestaltung verantwortlich ist und den Boden für das, was sich entwickeln wird, vorbe­rei­tet und kultiviert. Die entscheidende Frage hierbei, die hier schon an anderer Stelle gestellt wur­de, ist, in wessen Hände man die Ziel­setzun­gen der Digitalisierung für eine wünschens­werte Zukunft legt. Werden sie in den Entwicklungseinrichtungen multinationaler Konzerne wie Google, Apple, Amazon, Meta (Facebook), etc. im Sinne eines möglichst großen Gemeinwohls richtig adressiert, oder sollte sich jeder selbst mehr Gedanken darüber machen, wo es wieviel und wie weitreichende zu Digitalisierung kommt? Erstellt die Politik einen sinnvollen Regulierungsrahmen dafür, oder hinken sie den Entwicklungen oft als „digitale Immigranten“ hinterher? „Wert-voller“ Fortschritt durch Technologieentwicklung ist begrüßenswert, aber wo landen wir, wenn falsche Werte (z.B. Geld und Rendite) als Treiber oder Zielkoordinaten fungieren?

Auch damit muss sich eine Gemeinde wie Neustift mit ihren Bürgern mit den sie betreffenden Frage­stellungen konfrontieren und einen breiten Diskurs anstreben, wie die Zukunft im Ort aussehen soll. Zusätzlich sollte sie Antworten finden, ob bzw. warum manche (immer) mehr wollen, da das Ver­ständnis, dass alles Neue (technische bzw. digitale Errungenschaften) automatisch gut bzw. besser ist als das Herkömmliche, heutzutage sehr (zu?) dominant ist.

Dafür gilt es Plattformen (Orte neuen Bewusstseins) zu schaffen, wie die Schule in Neustift eine sein kann. Im Rahmen von Vor­trägen, kulturellen Veranstaltungen, einem Jugendtreff, einer Gemein­schafts­­werkstatt und -küche, kleinen frei zugänglichen gewerblichen Einrichtungen, Schlechtwetter­programm für Kinder usw. können sich Menschen aus der Umgebung jederzeit treffen, gemeinsam Zeit verbringen, sich dabei austauschen und voneinander lernen. In einer Tourismusregion wie dem Stubaital mischen sich dann idealerweise noch Gäste darunter, die im Urlaub nicht nur z.B. Skifahren, sondern Land und Leute kennenlernen möchten und so ggf. mit ihrem persönlichen Hintergrund und fachlicher Expertise interessante Sichtweisen von außer­halb einbringen.