Die Flüchtlingssituation an der türkisch-griechischen Grenze zum Anlass nehmend

Tausende Flüchtlinge werden im buchstäblichen Niemandsland an der Grenze zu Europa zwischen unterschiedlichen politischen, also abstrakten Zielen aufgerieben. Welche waren nocheinmal die Werte, die manche verteidigen wollen?

Die Flüchtlinge kommen also wieder nach Zentraleuropa, sobald den griechischen Werfern das Wasser ausgeht. Zuerst wurden ihre Länder, allen voran Syrien, eine Wiege unserer Kultur, im globalen Muskelspiel um moralisch minderwertige Interessen mutwillig zertrümmert. Jetzt werden sie erneut durch Bombardements, die nunmehr perfiden nationalistischen Gründen dienen, aus diesem Schutthaufen in die Flucht geschlagen. So nicht, nicht noch-immer-schonwieder, sagen die gebeutelten Griechen, denen man solche Anstürme nur im Sommer und nur durch bleiche bzw. krebsrote, zahlungskräftige Getriebene zumuten kann. Diese flüchten ja nur vorübergehend in eine Auszeit, jedoch vor dem selben System, welches global entweder in seiner westlichen oder seiner restlichen Manier zuschlägt. Sie singen nur davon, irgendwann dann dort zu bleiben.

Und wir in Zentraleuropa haben in den letzten Tagen kaum eine Stimme gehört, die etwas zur Sache beigetragen hätte. Nicht einmal, dass „wir vorbereitet“ wären, was, wie wir seit kurzem wissen, auch nur ein schwacher Trost wäre, aber immerhin. Immerhin wäre dies wenigstens ein Hinweis darauf, dass sich jene, die uns verwalten, darüber im Klaren wären, dass wieder etwas auf uns zukommt. Aktuell heißt es, „nein, sie sollen nicht kommen“, ab 2015 hieß es: „Nein, wir rw

reagieren nicht professionell, wir wollen erst ein Jahr lang darüber diskutieren wie schlimm wir es finden, dass ihr jetzt hier seid.“ Man musste erst sondieren, wer dieses Schlimmfinden am schönsten und am besten verkaufen kann. Wann beginnen wir uns Fragen zu stellen, die auf reale Situationen basieren und deren Beantwortung in optimale – pardon – in halbwegs tragbare Lösungen münden kann?

Das kleine Aufrütteln durch die Ankunft der Flüchtenden weckte dazumal nicht nur einen kleinen Teil unserer dekadenten Zivilgesellschaft auf, es machte auch manche Gelder locker, mittels derer sich ein paar schlaue Köpfe um das Thema Fluchtmigration und eines tragbaren Umgangs mit ihr Gedanken machten. In manchen Fällen nur mehr hypothetisch, denn bis Gelder für diesbezügliche Forschungsprojekte, Analysen und Strategiebildungsprozesse genehmigt waren, waren schon fast keine Asylwerbenden mehr zum beforschen da. Wie viele, so haben auch wir von der regionalSynergie dieses wichtige und spannende gesellschaftliche Thema aufgegriffen, uns ehrenamtlich internationalen Forschungsnetzwerken wie z.B. ForAlps angeschlossen, tragen das internationale Projekt EUMINT (Interreg V-A eurac Bozen und Universität innsbruck) für Österreich mit, haben die einzig herzeigbare „Asylregion“ in Tirol, das Seefelder Plateau, untersucht und aus den erfrischenden Erkenntnissen eine Strategie entwickelt. Es ist nur eine von vielen fundierten Strategien, die leicht umsetzbar sind und zeigen, wie Umgang sowie Verteilung von Flüchtlingen über das Land – also auch über den ländlichen Raum – aussehen muss, wenn es wieder einmal so weit sein wird.

Wie es ginge, mit einem erneuten Ankommen fremder, heimatloser, aber weder mittel- noch begabungs- erst recht nicht motivationsloser, attraktiver, spannender Menschen nicht nur schadensbegrenzend umzugehen, sondern geradezu das Positive für beide Seiten überwiegen zu lassen, ist nunmehr in Fachkreisen bekannt. Nun sind wir alle, die etwas wissen, gefragt, dies auch kundzutun. Die Verantwortlichen sind dringend angehalten, auf unser vorhandenes Wissen zurückzugreifen, um diesmal halbwegs angemessen reagieren zu können. Dann wird man merken, dass wir Aufnahmegesellschaft gar nicht so unfähig sind, wie wir meinen möchten. Bei uns haben sich derweil noch keine Verantwortlichen gemeldet.

Für die regionalSynergie und überhaupt,
Michael Beismann