der Zauber(er) des zusammen-Denkens

Donnerstag 16. September: Opher Thomson geht mit uns und unseren Gästen der Frage nach,
„Was hat eine leere Schule mit gesellschaftlicher Gestalt(ung) zu tun?“

Weitere erleuchtende Gäste und mitDenkerInnen an jenem dunklen Herbstabend: Als architektonische Künstlerin mit starkem Hang zum Leerstand, Aleksandra Bujak (Innsbruck/Polen), als alter Freund Seiler Urs (Igls, Innsbruck, Fulpmes, neutral), der sich in den diametral zu verortenden Fragen zur Ökonomie und Kreislaufwirtschaft auskennt und Zutaten aus der gehobenen klassischen und der Pop-Up-Gastronomie zu bieten hat, sich mit gebrauchten Liegenschaften und brauchbarem Weinanbau sowie -genuss auskennt, insgesamt also für unseren Fall eine eierlegende Wollmilchsau darstellt. Der für wohlwollenden Überblick und kritischen Ausblick bekannte Fischi und ein jugendlicher, eigens mitgebrachter Felix rundeten den Club ab, der den SchulbetreuerInnen Caroline und Much Mut, Bestätigung und neue Wege darbot:

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Dem interaktiven Rundgang folgte eine lockere Diskussion über Anforderungen und Angebote seitens des Gebäudes. Danach öffnete Opher uns die Augen. Und zwar so:

Er macht uns staunen ob seiner Beobachtung von Alltagsorten, die er uns in Form hoch ästhetischer, inhaltsschwangerer Fotos mitbringt. Er befruchtet seine optischen Eindrücke mit ausgefuchsten, erstaunlich einfachen Gedanken. Er  zeigt uns in wenigen Minuten, dass das Leben an sich, bestehend aus sich verhalten, sich verdingen, gemeinsam gestalten, sich treffen und wohnen nicht direkt abhängig ist von Architektur und Planung!

 

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Vielmehr geht es um die gewollte oder unbeabsichtigte Einschränkung oder aber Freiheit, in Orten einen Spielraum für Kommunikation zu (emp)finden. Kommunikation in jeder denkbaren Gestalt. Er klärt uns erschütternd simpel darüber auf, dass das eigentliche Potential innerhalb der Wiederbelebung unserer Schule nicht im Gebäude selbst zu finden ist, sondern in seinem aktuellen Zustand und vor allem in der Art, wir das Projekt aufziehen dürfen!

 

 

 

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Der springende Punkt ist, dass uns das Gebäude nicht die Pflicht aufnötigt, es auf Biegen und Brechen irgendwie in Wert zu setzen, sondern uns freundlich und geduldig einlädt, zu tun, was zu tun ist. Jetzt sofort für das, was uns gerade umtreibt und für das, was wir aus heutiger Sicht für die Zukunft erwarten. Und Morgen für das, was morgen anstehen wird und wir morgen für die nächste Zukunft erwarten werden! „Nur was organisch wächts bzw. aus uns Menschen heraus mit eigener Kraft entsteht, sei und bliebe stabil und stabil uns zu Diensten“, subsummieren wir gemeinsam. „Nur wenn die Schule uns zu Diensten steht und bleibt, wird sie als öffentliches Gut tragfähig und also finanzierbar“, verstehen wir.

 

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Zum Beispiel: Ein Platz, der von der namenlosen Firma, welche die Ausschreibung gewonnen hat, ausschreibungsgemäß heute betoniert wird, kann morgen schon im Weg, nutzlos, untragbar sein. Ein gemeinsam gewollter und zu gestaltender Platz, ein mit Hilfe örtlicher Handwerker langsam entstehender Ort der Begegnung, wird mit veränderten Anforderungen eher fertig. Er kann bereits in seiner Entstehung reagieren und später puffern oder wachsen, er kann aus sich selbst heraus strahlen. Er wird seine Funktionen je nach Anforderung wechseln. Aber nur, wenn das (endgültige?, beste?) Ergebnis nicht schon feststeht, bevor die Idee für die Notwendigkeit eines neuen Platzes überhaut spürbar ist. Manchmal entstehen beim Entstehenlassen eines Gewerks erst jene Verbindungen, die an diesem ihren Treffpunkt und damit ihre stetige Erneuerung erfahren. Alles organische ist stabil und felexibel gleichzeitig. Stabil, weil flexibel und in Wechselwirkung mit den Rahmenbedingungen gewachsen. Von keinem Baum, nämlich, den man pflanzt, weiß man schon davor, wie er aussehen wird. In fünf Jahren, in 25 oder in 200 Jahren. Nur, dass er stets das jeweils in seiner Macht stehende bieten wird, darauf darf man sich verlassen.

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Und so müssen Orte der aktiven Gestaltung unserer eigenen Zukunft konzipiert sein. Mit viel Spielraum für alles jeweilig gerade Gewünschte, Notwendige, Dringende, aus dem auch lang Bleibendes und Stabilisierendes erwachsen wird. Jedenfalls mit mehr Spielraum, als Korsett. Mit weniger Muss, als Möglichkeit. Mit mehr Kür, als Pflicht. Auch mit mehr Herausforderungen als schnellen, einfachen, vermeintlich besten, vorgefertigten Lösungen: Die besten Wege zu notwendig neuen Zielen findet man nicht auf den ausgetrampelten, markierten, vielleicht gar eingezäunten Pfaden. Sonst wären wir längst schon dort, wo wir hin wollen – in einer Landschaft, die durch die Wertschätzung von Menschen gegenüber ihren Orten erblüht. In einer blühenden Landschaft von Orten und Plätzen, deren Gestaltung die Menschen fordert, fördert und damit ernst nimmt und wertschätzt.

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Wie man mentalen Raum schaffen kann, um miteinander ins Gespräch (über uns und den Raum) zu kommen, uns in Interaktion zu begeben, das haben wir von Herrn Thomson gelernt. Und wie wir wieder lernen, aufrecht zu gehen, Teil unseres Raumes zu werden, indem wir ihn wieder zu einem Teil unseres Lebens machen.
Danke Opher, und bitte komm wieder und hilf weiterhin mit, uns und der Schule sehen und gehen zu lernen!

 

 

 

Wer, wenn nicht du und Deinesgleichen, die Kunst nicht (nur) als Selbstzweck sehen, sondern als Werkzeug, als Übersetzung, als einfache, ansperchende Illustration komplizierter, mühevoller Verhältnisse. Du bist der wahre Geograph in unseren Reihen!

 

alle Bilder in der Galerie von Opher Thomson

Filmtrailer The New Wild: Life in the Abandoned Lands (Opher: Film, daMuch: Koproduzent) und ein paar seiner Werke nebst ganz vielen Fotos von Opher Thomson hier